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Der erste OL – ein MTBO in Langenlois!

Erster MTBO 1893
Erster MTBO 1893

Ein Sensationsfund schreibt die Geschichte des Orientierungslaufs neu: Bereits im Jahr 1893 fand ein Orientierungslaufbewerb per Rad statt. Ort des Geschehens: Langenlois im Waldviertel!

Über diesen Bewerb, der die OL-Geschichte völlig neu ordnet und Österreich möglicherweise zur Wiege des Orientierungslaufsports macht, berichtet die IOF in einem aktuellen Beitrag:

https://orienteering.sport/new-find-rewrites-orienteering-history-bike-orienteering-started-first/

Der Ungar Sandor Talas, ehemaliger Vorsitzender der IOF MTBO-Kommission, hatte in alten Zeitungsberichten Hinweise auf ein Radrennen entdeckt, das bereits vor der Wende zum 20. Jahrhundert das spätere MTBO-Konzept vorwegnahm.

In Langenlois fand am Sonntag, 24. September 1893 ein sogenanntes „Terrainfahren“ über eine Strecke von fünf Kilometern statt. Den Startenden wurde das Ziel unmittelbar vor dem Start bekannt gegeben, wie es in einem Bericht des „Neuigkeits Welt-Blattes“ heißt.

Den Teilnehmern des Radrennens stand es frei, eine Route zu wählen. Sie erhielten eine genaue Karte, die alle Wege enthielt, die zum Ziel führten.

Sieben Konkurrenten stellten sich diesem völlig neuartigen Bewerb. Richard Meidlinger, Mitglied des Wiener Cyclisten-Klubs, traf nach 15:50 Minuten als erster am Ziel ein.

Die Zeitung „Radfahr-Sport“, „Organ für das gesammte Radfahrwesen“, berichtet in ihrer „Nullnummer“ vom 15. Oktober 1893, dass Meidlinger nicht den kürzesten Weg gewählt, sondern es vorgezogen habe, auf der längeren, aber besseren Straße zu fahren, „auf welcher er ein bedeutend schärferes Tempo einschlagen konnte als die übrigen Concurrenten, welche, um den Umweg zu ersparen, schwer passierbare Feld- und Saumwege benützten“.

Dieser Bericht zeigt, dass beim Terrainfahren bereits die wichtigsten Grundprinzipien des MTBO zur Anwendung kamen.

Ob die „sportliche Neuheit“, wie „Radfahr-Sport“ das Terrainfahren bezeichnete, danach tatsächlich öfters auf Rennprogrammen zu finden war, wie in der Radfahr-Gazette vermutet wurde, werden möglicherweise weitere OL-Geschichtsforschungen ergeben.

Bislang datierte man den ersten zivilen Orientierungslauf mit 31. Oktober 1897 in Oslo. Das erste, rein militärische Orientierungslauf-Ereignis hatte 1893 in Stockholm stattgefunden. „Dass ein Rad-Orienteering Event noch vor den zivilen Fuß-OL-Bewerben in Skandinavien stattgefunden haben könnte, hätte bislang niemand geglaubt!“, unterstreicht Sandor Talas die Bedeutung des historischen Fundes.

Faszinierend seien vor allem die folgenden Aspekte:

  • Das Terrainfahren in Langenlois war vom Bund deutscher Radfahrer Österreichs professionell organisiert worden.
  • Zum Sieg führte eine „klassische“ Routenwahl, insofern handelte es sich um „modernes“ Orientieren, nicht nur um eine Navigationsübung.
  • Das Rennen fand 1893 und somit im selben Jahr statt, aus dem auch das erste, überhaupt bekannte Orientierungslaufrennen datiert – das rein für Militärs zugelassene Rennen in Stockholm. Erst vier Jahre später fand das erste offene OL-Rennen in Oslo statt.

Links zu den historischen Zeitungsberichten in ANNO, der Online-Plattform der Österreichischen Nationalbibliothek:

https://tinyurl.com/y85ovzjn

https://tinyurl.com/y9zudzau 

http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=nwb&datum=18930928&seite=10&zoom=33

von Elisabeth Kirchmeir in IOF News MTBO OL

11. Juni 2020