

Libor Zřídkaveselý betreute als ÖFOL-Trainer den Junior*innen-Kader von Dezember 2009 bis Dezember 2021.
Eindrücke aus der Zeit mit Libor vermittelt das Abschieds-Video des Junior*innen-Kaders:
In einem Interview in der Verbandszeitung Orientierung 2019 erzählte Libor über seine Arbeit mit den jungen OL-Talenten:
„Entscheidend sind Fleiß, Hartnäckigkeit und Ausdauer“
Seit wann bist du ÖFOL-Trainer für den Juniorenkader im Fuß-OL?
Libor: Seit Ende 2009. Das erste Mal habe ich das Junioren-Team beim Saisonauftakt Anfang Dezember 2009 in St. Jakob im Walde getroffen.
Wie viele junge Athleten und Athletinnen betreust du?
Libor: Es sind jedes Jahr im Durchschnitt 20, manchmal etwas weniger, aber es gab auch schon starke Jahre mit bis zu 27 Athleten im Team.
Was waren heuer die größten Erfolge?
Libor: Georg Gröll wurde bei der Junioren WM Fünfter. Einen Medaillenrang hat er um nur sechs Sekunden verpasst.
Wir würden gerne mehr über deine Prinzipien und deine Philosophie in der Arbeit mit den jungen Sportlerinnen und Sportlern erfahren. Wie erkennst du überhaupt deren Talent?
Libor: Das ist gar nicht leicht zu beantworten. Eine allgemein gültige Regel gibt es dafür nicht, aber einige Hinweise. Beim Orientierungslaufsport kann man drei Bereiche unterscheiden. Am leichtesten zu erkennen ist das läuferische Talent – anhand des Laufstils, an der Explosivität und Dynamik der Bewegungen. Ob jemand für Orientierungslauf-Techniken talentiert ist, erkennt man daran, ob er oder sie in der Lage ist, Erfahrungen rasch umzusetzen, intuitiv richtig zu reagieren, ohne dass man alles kompliziert erklären muss. Erkennbar sind Talente auch an der Fähigkeit, eine 3D-Ansicht des Geländes in eine 2D-Ansicht auf der Karte umzusetzen. Am schwierigsten ist abzuschätzen, ob ein angehendes Talent in der Lage sein wird, sein volles Potenzial in den nächsten acht bis zehn Jahren abzurufen. Viele Faktoren sieht man einfach zu Beginn nicht. Entscheidend sind sicher Fleiß, Hartnäckigkeit und Ausdauer.
Was sind die wichtigsten Umfeld-Faktoren?
Libor: Unser Sport entwickelt sich weiter. Heute müssen die Wettkämpfer viel mehr trainieren als vor 15 oder 30 Jahren. Umso wichtiger sind die Rahmenbedingungen, die Unterstützung durch die Eltern oder den Verein. Ein guter Läufer zu werden ist schwer, wenn man abseits der großen Zentren lebt, wo es hervorragende Vereine und Trainer gibt.
Was zeichnet die ideale Umgebung aus?
Libor: Überraschenderweise ist es nicht die Zahl der Trainingskilometer sondern eine gute Gruppe, die miteinander trainiert, die Freizeit verbringt und sich gegenseitig pusht. Man geht zum Training, weil man dort Freunde trifft, das ist die beste Motivation. In der Gruppe macht man leichter Fortschritte.
Wie motivierst du die jungen Sportler/innen?
Libor: Ähnlich wie in der Schule. Ich glaube sogar, dass die jungen Leute für den Sport leichter zu begeistern sind, weil sie davon überzeugt sind, dass sie hier erfolgreich sein wollen. Ich zeige ihnen an Beispielen, welche Strategien besonders erfolgsversprechend sind, und unterstütze sie bei ihren Projekten.
Gibt es sensible Phasen, wo man mit einem bestimmten Training besonders große Fortschritte erzielen kann?
Libor: Die Grundregel lautet – „nur kein Stress“ und alles zur richtigen Zeit. Man muss einen Zehnjährigen nicht mit Azimut, der Abweichung von der Nordrichtung, überfordern. Aber natürlich muss man ihn mit genau jenen Fähigkeiten vertraut machen, die in diesem Alter spielerisch erlernbar sind. Dazu gibt es viel gute Literatur, man muss da nichts Neues erfinden. Es ist wie in der Schule: Zuerst musst du das kleine Einmaleins beherrschen, dann kannst du dich an der Differentialgleichung versuchen.
Wie wichtig ist Spaß im Training?
Libor: Umso länger das Training Spaß macht und nicht einfach nur harte Arbeit ist, umso besser. Die Plackerei kommt ohnehin früher oder später, ohne Mühe gibt es keinen Erfolg. Aber umso später diese Erkenntnis beim Athleten durchsickert, umso besser ist es für Erfolg und Ausdauer.
Sollten die jungen Athleten auch noch einen anderen Sport betreiben?
Libor: Zu Beginn auf jeden Fall. Es gibt einige verwandte Sportarten und andere, die gute allgemeine Voraussetzungen schaffen, wie z. B. Schwimmen, Gymnastik, Skifahren, Radfahren, Skaten oder Mannschaftsballsportarten. Umso komplexer sich ein Talent zu Beginn sportlich entwickelt, umso stabiler ist die Basis später, wenn es sich zu spezialisieren beginnt.
Wann sollte diese Spezialisierung auf den Orientierungslaufsport stattfinden?
Libor: In Zentraleuropa liegt die Altersschwelle etwa bei 15 Jahren, ungefähr beim Übergang von der Unterstufe zur Oberstufe. Es ist generell ein Wendepunkt im Leben – in der Schule ist mehr Selbstständigkeit gefragt, der Staat überträgt den Jugendlichen mehr Verantwortung für ihr Handeln, im OL-Sport befinden sie sich in der bereits sehr aussagekräftigen Kategorie D16E oder H16E. Die Skandinavier würden es ein wenig anders sehen, speziell die Schweden legen ihren Schwerpunkt eher eine Kategorie höher auf D18E und H18E, aber vom Prinzip her ist da nicht viel Unterschied. Jedenfalls sollte bei einem 15-Jährigen das Training noch breit gefächert sein und ergänzende Sportarten miteinbeziehen. Meistens gilt: Je später man komplett auf den Orientierungslaufsport fokussiert, desto länger hält der Erfolg an, aber das ist keine allgemeingültige Regel.
Viele der österreichischen Nachwuchstalente entstammen einer „OL-Familie“. Spielt diese familiäre Herkunft eine Rolle für den Erfolg?
Libor: Alles hat Vor- und Nachteile. Eltern führen ihre Kinder hin zum Sport, andererseits ist das junge Talent immer „unter Kontrolle“. Es hängt ganz vom Einzelnen ab, ob sich ein Szenario günstig oder weniger günstig auswirkt. Meine Eltern hatten keine Ahnung vom OL-Sport, als ich damit begann. Aber das war damals sicher einfacher als heute. Es gab nicht so viele Wettkampf-Wochenenden, nicht so viele Trainingseinheiten wie heute. Daher glaube ich, dass heute die Vorteile leicht überwiegen, wenn man aus einer „OL-Familie“ kommt.
Danke, Libor, für zwölf wunderbare Jahre! Wir wünschen dir alles Gute und bis bald.
Trainingslager Bulgarien, 2013
8. Dezember 2021