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Historisches: der seidene Faden

Karte Grüner See, 1976
Karte Grüner See, 1976

Die Geschichte mit dem seidenen Faden

Vor nunmehr 45 Jahren, in der Zeit vom 20. bis 25. Juli 1976, fand der Mürztaler Dreitage OL statt.

672 Teilnehmer aus 13 Nationen folgten der Einladung der Naturfreunde und verbrachten eindrucksvolle Tag in der Obersteiermark. Die Schweiz reiste mit rund 250 Teilnehmern an und konnte auch 10 Titel auf den insgesamt 19 Bahnen erringen.

Auch die Weltmeisterin Sarolta Monszpart aus Ungarn war mit einer Abordnung dabei und erwartungsgemäß auch siegreich.

Schon bei der Ankunft verbreiteten die Teilnehmer eine tolle Stimmung. In Veitsch wurde in der Nähe des Hallenbades ein Zeltplatz errichtet, den über 300 Teilnehmer nutzten und gleichzeitig Urlaub mit ihrer Familie machten.

Auch für ein abwechslungsreiches Rahmenprogramm war gesorgt.

Aber was hat das alles mit einem seidenen Faden zu tun?

Das ist eine bisher einzigartige Geschichte, die im Jahre 1973 beim Schweizer Fünftage OL in Münsingen begann.

Bei einer gemeinsamen Fahrt der Naturfreunde mit Gerfried Hoch, Max Wagner, Franz Petrzelka und Fritz Woitsch reifte die Idee, einen Mehrtage OL in Österreich zu veranstalten.

Mit der tatkräftigen Unterstützung durch Paul Fritschi aus der Schweiz, der wesentlich zur Entwicklung des OLs in Österreich der ersten zehn Jahren beitrug, wurde der Mürztaler Dreitage OL mit großem Einsatz geplant und vorbereitet.

In mehr als 500 Arbeitsstunden wurden die OL Karten aufgenommen, in der Schweiz gezeichnet und gedruckt.

In Österreich gab es damals noch keine Möglichkeit, OL Karten auf wasserfestem Papier und in guter Qualität zu drucken.

Alle Karten mit den eingezeichneten Bahnen wurden zwei Wochen vor der Veranstaltung abgesandt und sollten demnach zeitgerecht im Wettkampfzentrum eintreffen.

Hier beginnt nun die Geschichte mit dem seidenen Faden, die Gerfried Hoch erzählen soll:

Mit der Hilfe von Paul Fritschi wurden wir in die Kartentechnik der Schweiz eingeführt. Mit großem Einsatz von Alfred Zisser, Max Wagner, Hans Terler und mir wurden die Karten Grüner See, Herzogberg West und Ost, Pulverturm, Sommer und Schrölz aufgenommen.

Paul Fritschi war für absolute Genauigkeit und die Einhaltung der Termine nach einem Netzplan bekannt.

Nach unseren Geländeaufnahmen zeichnete Ueli Schlatter die Karten in der Schweiz, Paul kontrollierte alles sehr genau. Ein Novum war, dass alle Laufkarten und Kategorien von der Druckerei Bächtold in Münsingen gedruckt wurden.

Zu einem Problem entwickelte sich der Transport.

Die Fracht ging schon zwei Wochen vor dem Veranstaltungstermin von Münsingen ab. Da am Wochenende vor dem Lauf jedoch noch nichts geliefert war, ersuchte ich den Beamten am Frachtbahnhof Mitterdorf um Hilfe bei der Suche nach der Lieferung.

Er telefonierte mit jedem Bahnhof in Österreich und wurde in Landeck fündig. Da die Fracht zu schwer war, wurde sie ins Abseits gestellt.

Für eine Weitersendung brauchte der Fahrdienstleiter eine Sondergenehmigung, die Heinz Fischer, damals Präsident der Naturfreunde, auch unbürokratisch erreichte.

Trotzdem kamen die Karten bis zum Vorabend der Veranstaltung nicht im Bahnhof Mitterdorf an.

Hektische Telefonate und Beratungen folgten. Schließlich fuhr ich mit Franz und Hans in der Nacht des 20. Juli 1976 nach Bischofshofen und holte die Karten aus dem Schnellzug.

Wir fuhren gleich zum Grünen See, da war schon das erste Kartentraining angesetzt. Kurz vor dem Trainingsbeginn am 21. Juli 1976 um 9:00 Uhr waren wir beim Startplatz, wo die Läufer schon auf die OL-Karten warteten. Das war Rettung in letzter Minute, denn die gesamte Veranstaltung hing an diesem seidenen Faden der ÖBB…

Diese bisher unveröffentlichte Anekdote ist allen Beteiligten noch immer in lebhafter Erinnerung, denn der seidene Faden ist damals nicht gerissen…

von ÖFOL Ehrenpräsident Fritz Woitsch in Verbandsmitteilungen

29. Juli 2021